Personalausstellung „Blick mit Störung“
Galerie „Dr. Stelzer und Zaglmaier“, Halle, Große Steinstraße 57
27.6. bis 22.7. 2009
Romantik weht durch Windpark
Detlef Färber, Halle/MZ 2.7.2009
Die Malerin Kerstin Alexander zeigt in ihrer neuen Ausstellung „Blick mit Störung“ ganz neue Sichten auf die riesigen Energie-Räder, die doch für viele ein Ärgernis darstellen.
Idylle gibt es bekanntlich in Fülle, selbst hierzulande. Sie immer dort zu finden, wo auch andere sie finden, kann also nicht das Ziel für die wahren Kreativen sein.
Weitaus reizvoller ist es da, Schönheit, Anmut und womöglich ganz neue Harmonien im Landschaftsbild dort zu entdecken, wo keiner sonst sie vermutet – oder gar dort, wo andere empört mit dem Finger drauf zeigen. Einen Blick in eine solche Richtung hat die hallesche Malerin Kerstin Alexander riskiert.
Entdeckt hat sie dabei, was wohl ihrer kompletten Zunft bis auf den heutigen Tag komplett entgangen ist: Die Romantik rund um das moderne Windrad. Eindrucksvoll dargestellt in Bildern, die zusammen fast so etwas wie eine Streitschrift zum Thema ergeben, päsentiert sie diese kreative Findung in ihrer neuen Ausstellung. „Blick mit Störung“ heißt sie und ist der Galerie Stelzer und Zaglmaier zu sehen.
Ausgangspunkt für de Künstlerin – ebenso für jene, die den Vormarsch der Windparks bekämpfen – ist dabei die (titelgebende) Wahrnehmung eines gestörten Blicks. Doch diese Störung der Sehgewohnheit, die mit jeder Neuerung einherzugehen pflegt, wird hier gleichsam zur Bildidee. Während zum Nebeneinander von neuen gigantischen Windrädern und kleinen alten Dörfern vielen rein gar nicht Verbindendes einfällt, bringt Kerstin Alexander beides durch das luftige Element in einen originellen Zusammenhang. Der erzeugte Wind faltet als flirrende Luft die Silhouette des Dorfes und schafft so neue, korrespondierende Formen und Farben. Im Bild „Geburt eines Zyklons“ spielt die Künstlerin dann eher mit Größendifferenzen. Die Kleinheit und Beschaulichkeit der Besiedlungsinseln rechts und links eines Autobahnstrangs wird im Kontrast mit den hier schemenhaft platzierten Giganten deutlich. Auch hier scheint auf den zweiten Blick etwas wie Harmonie in der Zusammenschau möglich zu werden.
Dass und wie so etwas wie Romantik den Windpark durchweht, erschließt sich zwar erst der meditativen Vertiefung ins Bild. Doch das mag Betrachtern vergleichbarer Kunstwerke etwa aus der Gründerzeit nicht anders ergangen sein. Inzwischen sind ja alle übrig gebliebenen baulichen Zeugen der frühen Industrialisierung, die die Leute damals ebenso ängstigten wie störten, längst Gegenstand nostalgischer Romantisierung.
Der Aufgabe, Schönes im Vorhandenen zu entdecken und dahingehend den eigenen Blick zu schulen, stellt sich Kerstin Alexander als Künstlerin. „Die sinnfreie Schönheit“, so sagt sie, „findet man überall“. Doch – so schränkt sie ein – „wer Schönheit nicht schon in sich trägt“, der werde sie auch sonst nirgends entdecken. …